Freitag, 8. Mai 2009

Abi-Nazis Teil 1 [Gesellschaft]

Oberste Regel in jedwedem Diskurs: Erspare dir Nazivergleiche! Nichts sei demnach unsäglicher, als irgendwas mit der Zeit zwischen 33 und 45 des letzten Jahrhunderts in Zusammenhang zu bringen. Ob dieses kognitive Grundgesetz seine Richtigkeit hat oder nicht, mögen andere ausklamüsern. Fest steht, dass ich zumindest den Begriff des „Abi-Nazis“ weiter verwenden werde, wobei „Nazi“ eher als allgemeines Schimpfwort gelesen werden sollte. Man könnte es problemlos durch „Abi-Fascho“, „Abi-Arschloch“ oder „Abi-Kölnertrommlermitderblauenkappe“ ersetzen. Aber der schöne Klang durch die Vokale a und i in beiden Worten ginge dann verloren.

Was also ist ein Abi-Nazi? Zunächst mal machen Abi-Nazis Abitur. Damit unterscheiden sie sich jahrelang nicht von anderen Abiturienten. Ihre große Stunde schlägt in der Regel kurz vorm Ende der 12. Klasse. Mit einemmal werden Konferenzen einberufen, Komitees gegründet und Vergleiche zu „den Deppen vom letzten Jahr“ gezogen, die alles falsch gemacht hätten. Was haben sie falsch gemacht? Die Planung des Abiballs. Was bringt ein Abiball? Eigentlich nichts, aber man hält seit Ewigkeiten an der Tradition fest, die Abschlusszeugnisse feierlich in einer Festhalle mit Buffet, Musik und Klamauk zu überreichen. Festhalle, Buffet, Musik und Klamauk implizieren was? Korrekt: Massen an benötigtem Geld.

Daher bildet sich schon ein Jahr vor jenem Abiball eine „Elite“ von Leuten, die mit Feuereifer die Vorplanung für die Planung von „Vor-Abipartys“… planen. Diese „Vor-Abipartys“ finanzieren im Bestfall einen prunkvollen Ball am Ende des 13. Schuljahres.

Die ganze Sache wäre mir auch vollkommen Schnuppe, wenn man vor die Wahl gestellt würde, ob man an dem Schwachsinn partizipieren möchte oder nicht. In der Realität laufen jedoch marodierende Horden jener „Elite“ durch die Schule, um Geld für einen finanziellen Grundstock einzutreiben, der die erste Party finanzieren soll. Wir befinden uns zeitlich nun am Anfang des 13. Schuljahres.

Parallel dazu bilden sich weitere Komitees, z.B. für Abi-Zeitung und Abi-Motto (inklusive Abi-T-Shirts). Die Abi-Zeitung besteht in der Regel zu 2/3 aus kleinen Charakterisierungen über jeden einzelnen Schüler. Hier möchte ich zumindest die unfreiwillige Komik hervorheben, läuft doch fast jede zweite Personenbeschreibung darauf hinaus, den Schüler/die Schülerin für dessen Trink- oder Partyfähigkeit zu loben und Fächer hervorzuheben, die ihm oder ihr nicht behagten. Das ganze wird dann noch mit einem Insiderwitz versehen, der sich nur der Clique der jeweiligen Person erschließt, die gerade aufs Korn genommen wird. Ein Beispiel aus dem Effeff:

„Ferdinand, von den meisten nur
Biervernichter gerufen, ist für sein Partymotto bekannt: ‚Kein Bier vor vier?
Zum Glück gibt’s noch Schnaps!‘
Weniger bekannt ist er für seine guten Noten in
Geschichte und Politik. So merkte er einmal an: ‚Was soll ich mit dem ganzen
Leberkäse?‘, was die langweilige Stunde sehr aufheiterte. Wir wünschen ihm viel
Glück im Leben und hoffen, dass er sein Ziel erreichen wird, in der Barkeeperuni
aufgenommen zu werden. Kleiner Witz, in Wahrheit will er Wirtschaft
studieren.“

1 Kommentar:

  1. es wird etwas gehypt was gar nicht da ist. auf kosten von allen, was eine frechheit ist! wo politische zugehörigkeit einer lehrperson verurteilt wird, ist man natürlich einer wilden abitur-hurra-elite aufgeschlossener.
    was hier durcheinandergewürfelt wird, ist die sogenannte tradition (dinge ohne verstand nachäffen)und der reguläre schulalltag. wie in aller welt kann es sein, das alle den unfug dieser elite tragen müssen? hier eine pausibile verklärung: ja bla das macht man eben so, man solle sich nicht so haben und auch mal anerkennen, dass es eben eine aufregende und wilde sache sei, mit der es sich in vielerlei hinsicht auseinandezusetzen gelte.

    das schlimmste ist ja aber, dass diese abitiere das nie in frage stellen und es für NORMAL und die REGEL halten, was ist da eigentlich passiert, bei diesen normalen menschen?

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