Montag, 18. Mai 2009

Superwahljahr 2009 [POLITIK]

Vor fünf Jahren durfte ich das erste mal wählen gehen. Ich meine damit "richtig wählen gehen", denn einige Wochen zuvor durfte ich bereits den neuen Solmser Bürgermeister mitbestimmen. Da mich das einen feuchten Marasrücken interessierte, kreuzte ich mutig "Enthaltung" an, anstatt z.B. gleich daheim zu bleiben; lupenreiner Demokrat, der ich nun mal eben bin!

Bei der Europawahl wählte ich eine Partei, die dann auch prompt sehr erfolgreich und medienwirksam ihren Triumph auszuschlachten wusste. Ich freute mich und war ganz beschwingt, am politischen Entscheidungsprozess partizipert zu haben. Ein Traum wurde wahr.

Es war eine Zeit, in der ich aufrecht versuchte, Kommunist zu werden, es aber einfach nicht fertig brachte, meinen Verstand derart zu hintergehen. Ich abonnierte die Parteizeitschrift der SDAJ (Jugendabteilung der DKP) und war ernsthaft bemüht, die dort dargestellte Sicht auf Politik und Gesellschaft für bare Münze zu nehmen. Vergebens. Schnell konnte ich das Pamphlet bloß noch durch eine ironisierende Brille lesen.

Letzten Endes landete ich bei attac. Dort, so schien mir, wurden die Probleme der Zeit korrekt erfasst: Globalisierung, Wirtschaftsliberalismus, Bankenmacht, Entsolidarisierung usw... Gleichzeitig fand sich eine breite Front verschiedener Ideen gegen dieses Wirtschaftssystem, fernab doktrinierter System- (Kommunisten) oder Zwiedenkparteien (Grüne, SPD, damalige PDS). Die Tobinsteuer (=minimale Besteuerung aller globalen Devisengeschäfte nebst deren Verwendung für soziale Zwecke) erscheint mir noch heute als ein klasse Einfall.

Einzig: Auf einmal gehöre ich damit zur politischen Mitte! Die EU-Finanzminister berieten schon vor Jahren offen über jene Tobinsteuer, Banken werden heuer verstaatlicht, keynesianische Konjunkturprogramme erstellt und Bänkerfürze nicht mehr als Parfüm verkauft. Natürlich hat sich nichts systemrelevantes verändert. Ganz im Gegenteil sind all diese Maßnahmen Ausdruck des Wunsches, doch bloß wieder das alte Konsummodell zu reanimieren. Mit Ausnahme des Eau de Furz, vielleicht.

Fakt ist: Nun stehen wieder Europawahlen auf meiner Wahlkreuzlistenagenda. Und - was soll ich sagen - ich liebäugle tatsächlich damit, die FDP zu wählen. Sie befinden sich mit ihren liberalen Vorstellungen von Wirtschaft, Steuersystem und Gesellschaft nun auf einmal am anderen Ende des Geburtstagtisches, müssen ihren Kuchen bei den Kindern futtern und werden vom realen Geschehen ausgeschlossen. Ich stelle fest: Vielleicht sind meine "politischen Meinungen" bloß Zerrbilder des Kindchenschemas innerhalb meines Kopfes, das dazu führt, mich immer die Partei wählen zu lassen, die mit ihren Forderungen am wenigsten Gehör findet.

Natürlich ist das gefährlicher Humbug, die FDP keinen Jota wählenswerter als jemals zuvor. Daher werde ich wohl einen Kompromiss (mit mir selbst) eingehen und folgende Partei wählen:

DEISSLERS RATSCHLAG ZUR EUROPAWAHL:
(ironiefrei)
DIE PIRATEN
Was denkt ihr?

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